Radio BUH – Make radio great again

25. Oktober 2017
Radio BUH – Make radio great again

Der Internetsender Radio BUH aus dem Chiemgau lebt von der musikalischen Abwechslung. Die Fans schätzen das alternative Kulturangebot. Ein Interview.

Evi Dettl, eine quirlige junge Frau, öffnet die Türe zu den Räumen von Radio BUH und redet freundlich darauf los. Ihr Dialekt verrät sofort, dass sie im Chiemgau geboren wurde und dazu auch steht. Die Chefin des Senders verstellt sich nicht, ist genauso authentisch wie Radio BUH auch.

Eigensinn: Was ist das Besondere an Radio BUH im Vergleich zu anderen bayrischen Radiosendern?
Evi Dettl: Das Besondere bei Radio Buh ist, dass wir eine große Vielfalt an Musik bieten und unsere Moderatoren eher musikbegeistert sind, als dass sie professionelle Radiomacher sind.

Von wem kam die finale Idee zum Radiosender?
Von Stefan Dettl, meinem Bruder (Sänger von LaBrassBanda, Anm.d.Red.). Er wollte schon immer ein eigenes Radioprogramm machen, das vielseitig sein sollte. Ich war auch im Radiogeschäft tätig. Er kam auf mich zu und meinte „Lass uns des machen“. Nach einigem Überlegen habe ich „Ja“ gesagt.

Welche Musik spielen Sie bevorzugt auf Radio BUH?
Ich will nicht auf das „rein bayrische“ Programm festgelegt werden. Wir spielen natürlich viel bayrische Musik, aber uns ist wichtig, dass es eine bunte Mischung ist. Ausgewählte bayrische Musik soll zu hören sein, aber sie macht nur einen kleinen Teil unseres Musikangebots aus.

Ich passe nicht in die typische Radio-Zielgruppe.

Evi Dettl

Warum trauen sich andere Radiosender nicht diese musikalische Vielfalt zu?
Ich denke, das hat sich so entwickelt – leider. Von den Radiosendern wird eine Zielgruppe festgelegt, zum Beispiel 30 bis 39 Jahre, und für die muss das Programm passen. Daran hält man sich recht genau. An so etwas glauben wir von Radio BUH nicht. Ich bin zum Beispiel 33, passe aber nicht in die typische Zielgruppe. Vielleicht sind manche Sender zu feige und denken, die Hörer schalten ab. Bei uns ist der Übergang zwischen den Liedern manchmal ein bisserl crazy, sodass ich mir Gedanken mache, ob die Hörer das mitmachen. Aber bei extremen Übergängen bleiben die Leute schon allein aus Neugierde dran.

Wer hört Radio BUH?
Wir wissen, wo unsere Hörer leben. Das ist gar nicht so regional, lustigerweise. Wir haben viele Leute aus Österreich, ein paar auch im weiter entfernten Ausland. Mein Eindruck ist, dass unter den Hörern viele Musikfreaks sind und die meisten sind älter als 30 Jahre.

Wie viel Feedback bekommt Ihr Radiosender?
Im Durchschnitt ca. drei Nachrichten pro Tag. Das Besondere bei uns ist, dass die Hörer wissen: Wir sind ein kleines Team und die Nachrichten werden wirklich gelesen. Oft sind ausgewanderte Bayern darunter, die sich freuen, Musik aus der Heimat zu hören. Meist bedanken sich die Fans für das besondere Programm.

Bei uns moderieren Leute, die schon immer den Traum von einer eigenen Radiosendung hatten.

Evi Dettl

Sie haben etwa 40 BUHginner als ehrenamtliche Moderatoren. Kann bei Ihnen jeder Radio-Moderator werden?
Jeder darf es ausprobieren. Wir bieten viel Freiheit, was die Inhalte angeht. Ein paar Grundregeln gibt’s, zum Beispiel ein klassisches Stück in der Stunde. Aber wenn jemand eine Heavy-Metal-Sendung moderieren will, geht das auch. Oft kommen zu uns die Leute, die schon immer den Traum hatten, eine eigene Radiosendung zu machen.

Was begeistert Sie an Ihrem Job?
Musik aufzulegen, Leuten Neues vorzustellen, junge Bands zu unterstützen, das finde ich am besten.

Wie findet man neue Bands?
Wir haben das Glück, dass viele Bands von sich aus auf uns zukommen, was schön ist. Wir bewegen uns in einer Art Musiker-Dunstkreis, über den wir viele kennenlernen.

Wie viel Zeit zum Moderieren bleibt Ihnen?
Am Anfang waren es zwei Stunden am Tag. Jetzt kommt viel Organisatorisches dazu, um das ich mich kümmere. Spezielle Formate wie die BUH-Bühnentour übernehme ich schon. Aber zwei Stunden am Tag sind es leider nicht mehr.

Wie stehen Sie zu dem Trend, dass immer mehr Bands auf Bayrisch singen?
Bayrisch ist jetzt modern geworden. Manche Sender haben extra bayrische Formate geschaffen – im normalen Programm tauchen die Lieder dagegen nicht auf. Bei uns soll das nicht übertrieben gepusht werden. Wir wollen Abwechslung im Programm. Wir spielen auch Bands, die in einem anderen Dialekt singen. Vor Kurzem bekam ich einen Tipp von einem Schweizer, der mir gut gefallen hat: die schwyzerdütsch singende Band Züri West. Ich habe mir davon gleich die CD gekauft und jetzt läuft die Musik auf Radio BUH.

 

Bayrisch ist nicht alles. Andere Dialekte sind willkommen

Ist der Trend „bayrische Musik“ am Höhepunkt angelangt oder ist dieser schon überschritten?
Für mich ist es im Moment ganz erfrischend, wenn ich auch mal österreichische Musik höre. Insgesamt ist der Trend noch in seiner Hochphase, aber es wird ein bisserl übertrieben behandelt. Das heißt nicht, dass es keine guten bayrischen Bands gibt. Ich glaube, der Trend wird bald wieder abflauen. Manche Bands haben früher auf Englisch gesungen und singen jetzt extra auf Bayrisch – das muss doch nicht sein.

Inwiefern hilft Radio BUH Newcomer-Bands zum Erfolg?
Junge Bands haben kaum Chancen, Sendeplätze zu bekommen. Beispielsweise die Band Django S aus dem Raum Rosenheim wurde, nachdem der Veranstalter sie auf Radio BUH gehört hatte, für das Mundart Festival in Oberdolling gebucht. Es freut mich natürlich, wenn wir da ein bisschen mithelfen können. Manchmal müssen Bands einfach mal gehört werden und das ist bei uns möglich. Mein Bruder Stefan fragt sich: „Welchen Ansporn sollen junge Bands haben, wenn eh kein Sendeplatz für sie freigemacht wird?“ Und das aus dem Blickwinkel von LaBrassBanda, die jetzt erfolgreich sind. Für Mainstream-Radiosender muss Musik immer „radiotauglich“ sein. Diese Politik der Sender ist für uns schwer zu verstehen, weil wir nach Gefühl handeln.

Sieht sich Radio BUH als Ergänzung oder Konkurrenz zu Bayern 2?
Eher als Ergänzung. Wir sind eine Zwischenform zwischen Streaming-Plattform und Bayern 2. Wir bringen keine Service-Formate wie Wetter und Nachrichten, die für die Hörer auch wichtig sind. Bei uns laufen eher Themensendungen und neue Musik. Direkte Konkurrenz entsteht da nicht. Im Idealfall pinkeln wir denen ein bisschen ans Bein und sorgen dafür, dass das Radioverständnis aufgebrochen wird und zum Beispiel auch mal wieder Platten gespielt werden. Wir haben unser Radio mit 7000 Schallplatten gestartet.

Kreative T-Shirts und Kaffee sorgen für die Finanzen

Wie stellen Sie sicher, dass das Geld reicht, um den Sender am Leben zu halten?
Das ist eigentlich unser größtes Problem. Wir testen verschiedene Formen wie Festivaltouren, Crowd Funding und auch feste Sponsoren. Netterweise gibt’s ein paar Sponsoren, die gern die Kultur aus der Gegend fördern wollen. Zurzeit läuft eine Crowd-Funding-Aktion zusammen mit dem Oberlandla-Shop, mit dem LaBrassBanda gemeinsam ein T-Shirt entworfen hat. Wir stecken hier noch in den Kinderschuhen. In den USA entwickeln die Public Radio Stations zum Beispiel zusammen mit kleineren Firmen Produkte und so kommt etwas Geld rein.

Sind diese Sender Ihr Vorbild?
Kann man so sagen. Diese Sender sind etwas lockerer und die Sendungen sind weniger „gescripted“. Da moderieren zum Beispiel zwei Personen, die sich einfach vor dem Mikrophon unterhalten.  Das kommt so natürlich und lustig rüber. Sie sagen auch, wenn sie mal den falschen Knopf gedrückt haben und überspielen das nicht übertrieben professionell. Das findet der Hörer doch sympathisch!

Sie sind eine gemeinnützige GmbH. Wie stellen Sie sich auf?
Wir haben keine Gesellschafter, aber einen Geschäftsführer, meinen Bruder Stefan. Klassische Werbung dürfen wir nicht senden, aber wir nutzen Sponsoring, zum Beispiel mit einer Kaffeerösterei im Ort. Das heißt, wir spielen erst einen Kaffee-Slogan und dann einen Song zum Thema Kaffee. Das ist dann charmanter.

Festivals bieten Radio BUH die passende Öffentlichkeit

Im Sommer begleiten Sie diverse Festivals: Treten Sie dabei als Sponsoren auf?
Nicht direkt, es ist eher eine Kooperation. Wir haben uns Festivals gesucht, die musikalisch zu uns passen. Im Sommer senden wir ein Special zu dem jeweiligen Festival, in dem wir ausführlich darüber berichten und die Bands vorstellen. Vor Ort sind wir auf Plakaten, Flyern und auf Facebook mit eingebunden. Im Nachgang bringen wir auf Radio BUH manchmal Live-Mitschnitte der Auftritte.

Wie fühlt es sich an, in Stein an der Traun ein Studio zu haben?
Anfangs, also ab Februar 2015, arbeiteten wir in Truchtlaching, wo mein Bruder sein Studio hat. Im Juni 2016 sind wir nach Stein an der Traun gezogen, weil uns der Platz etwas zu eng geworden ist. Unsere Nachbarn hier sind recht entspannt. Die Wirtschaft vorne an der Ecke hat sich ein Internetradio besorgt, damit sie unseren Sender spielen kann. Echt nett.

Könnten Sie sich vorstellen, nach Radio BUH zurück zu einem klassischen Sender zu gehen?
Vorstellen kann ich es mir im Prinzip, es gibt allerdings viele Jobs beim Radio, in denen man wenig Spielraum und sehr starre Vorgaben hat. Eine Anekdote dazu: Ein Bekannter moderiert bei einem großen Sender, der eigentlich alternativ angehaucht ist. Als ein sehr bekannter Sänger starb, plante er dessen größten Hit ein. Die Chefin vom Dienst bestand aber darauf, den Song früher auszublenden, weil er angeblich zu hart war. Für Moderatoren ist es frustrierend, wenn man gar keine Freiheiten besitzt. Bei jedem Sender kann man schöne redaktionelle Sachen umsetzen. Aber die Musikredaktion ist nirgendwo so frei wie bei Radio BUH. Das würde ich schon sehr vermissen.

 

Evi Dettl sucht eine neue LP aus – © Eva Sandhaas
Evi Dettl sucht eine neue LP aus – © Eva Sandhaas
Radio BUHs Plakatwand - © Eva Sandhaas
Evi Dettl legt Musik für Radio BUH auf – © Eva Sandhaas
Evi Dettl legt Musik für Radio BUH auf – © Eva Sandhaas

 

Titelbild: © Eva Sandhaas

 

Weiterführende Links

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