Dossier Begegnung

Wird Schon Irgendwie Gehen

Eine Kritik zur am 16. Oktober 2015 erschienenen EP der Kölner Band AnnenMayKantereit

von Alexander Fangmann

AnnenMayKantereit – ein Bandname, der beim ersten Aussprechen kaum über die Lippen kommt. Doch nach dem ersten Hören prägt er sich erstaunlich gut ins Gedächtnis eines jeden Liebhabers deutschsprachiger Musik und faszinierender Stimmen ein.

AF_AnnenMayKantereit - Pressebild 1 - 2015

Die Band AnnenMayKantereit
Fotos: Fabien J. Raclet, Universal Music

Dabei setzt sich der sperrig erscheinende Name ganz simpel aus den Nachnamen der drei Gründungsmitglieder Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit zusammen. Die drei Kölner machen seit ihrer Jugend gemeinsam Musik, spielten auf der Wiese vor der Universität und danach lange Zeit vor allem auf der Straße. Jetzt füllen sie Clubs, begeistern auf Festivals und stehen vor einer nahezu ausverkauften Tour im Frühjahr 2016. Und das haben sie sich verdient!
Für ihre ersten Studioaufnahmen 2014 holte AnnenMayKantereit sich mit Malte Huck einen Bassisten ins Boot. Seither touren sie zu viert.

Vergleiche zu großen Künstlern werden in der Musik immer schnell gezogen, aber bei AnnenMayKantereit fallen einem unmittelbar Namen wie Element of Crime, Rio Reiser oder auch Hannes Wader ein. Das mag zum Teil an der schlichten Instrumentenbesetzung – Schlagzeug, Bass, Klavier, Gitarre und Mundharmonika – liegen, aber vor allem an der leicht melancholischen, nachdenklichen Art, in der die Songs und ihre Texte konstruiert sind.

Da werden „Liebeslieder geträumt“, es wird „Barfuß am Klavier“ gesessen oder „melancholisch im Straßenlaternenlicht“ gestanden. Sehr beliebt sind auch kleine Gegensätze, welche mit wenigen Worten zerrissene Gefühlswelten darstellen: „Nach dem Aufstehen fang‘ ich an mich auszuruhen“, „jetzt fehlt mir so viel, was mir wegen dir gefiel“ oder „ich schrei zu Haus gegen die Wand und draußen stumm in mich hinein“.

Das Älterwerden spielt für die Mitzwanziger naturgemäß auch eine Rolle. Im Song „21, 22, 23“ beschäftigen sie sich mit der typischen Unschlüssigkeit ihrer Generation. „Und wenn ich dich frag, was du mal werden willst, sagst du immer – ich weiß nicht, Hauptsache nicht Mitte 30“.

Es sind aber nicht bloß der studentische Charme, die morgendliche Verpeiltheit oder der nachdenkliche Liebeskummer, die die Combo auszeichnen, es ist insbesondere ihre Live-Qualität. Frontmann Henning May gibt dem Ganzen mit seiner unheimlich markanten, nach viel Kneipe und viel Whisky klingenden Stimme ein akustisches Gesicht. Die Textzeile „jeden Morgen bin ich heiser bis wolkig“ nimmt man ihm ohne zu zögern ab, vermutet man doch hinter dieser Stimme einen 40-jährigen Whisky-Liebhaber.

Cover 300

Cover der EP

Der Titel der EP „Wird Schon Irgendwie Gehen“ spiegelt die Gelassenheit wider, mit der die aus Köln-Sülz stammenden Jungs an das Musikbusiness herangehen. Via Crowdfunding finanzierten sie die Produktion. Getreu einer Textzeile „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist was für Besserwisser“ vertrauten sie dabei auf die Unterstützung durch ihre Fans – und wurden belohnt.

Dieses Mini-Album ist ein perfektes Appetithäppchen. Ein Gruß aus der Bandküche, der die Ohren nach mehr schreien lässt und der regelrechten Heißhunger nach einem nicht enden wollenden Fünf-Gänge-Menü hervorruft. Im Fankalender ist mit rotem Textmarker neben dem 18. März 2016 schon fett „Alles Nix Konkretes“ notiert. So haben AnnenMayKantereit ihr neues Album betitelt.

AF_AnnenMayKantereit Pressebild 2 - 2015

AnnenMayKantereit auf einem Sofa

Bleibt nur zu hoffen, dass die „kölschen Jungs“ ihre Bodenständigkeit bewahren und sich ihre Träume nicht spürbar verändern. „Ich würd‘ gern mit dir in einer Altbauwohnung wohn‘, zwei Zimmer, Küche Bad und‚‘n kleiner Balkon“.

Trackliste

AnnenMayKantereit – Wird Schon Irgendwie Gehen
Erschienen: 16. Oktober 2015
Label: Vertigo Berlin (Universal Music)
Preis: 7,99 Euro (Audio-CD), auch als Vinyl und MP3-Download erhältlich