Dossier Begegnung

Das Kind

Der Roman von Sebastian Fitzek in der Hörspielbearbeitung von Johanna Steiner

Eine Hörspiel-Rezension von Isabell Pfeufer

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Cover des Hörspiels „Das Kind“ von Sebastian Fitzek

Über die Kopfhörer kommt ein tiefes, vibrierendes, rhythmisches Wummern. Diese Anfangsmusik versetzt den Zuhörer in Sebastian Fitzeks Thrillerwelt. Das musikalische Wummern geht vom Kopf in den Magen, der sich unter diesen bedrohlich klingenden Lauten zusammenzieht.
Die Musik ist zu Ende und wir begegnen Robert Stern, einem 40-jährigen Anwalt, auf einem verlassenen Fabrikgelände. Der Regen trommelt auf das Dach des Krankenwagens, in dem Roberts Mandant liegt. Robert tritt in eine Pfütze und steigt dann in den Krankenwagen. Der Geräuschemacher des Hörspiels, Jörg Klinkenberg, versteht es, eine Umgebung mit Klängen auszumalen. Die Hintergrundklänge sind so real, dass der Zuhörer wirklich glaubt, auf diesem verlassenen Fabrikgelände dabei zu sein.
Untermalt von den matschigen Nasswettergeprassel draußen, sagt eine dünne Kinderstimme: „Ich brauche einen Anwalt. Ich, (Pause) ich habe getötet. Ich bin ein Mörder.“ Der Anwalt Robert Stern kann es gar nicht glauben. Noch unwirklicher wird die Situation, als Simon, die Kinderstimme, meint, er habe das alles fünf Jahre vor seiner Geburt getan.
Kurz darauf berichtet Karina Freitag, Krankenschwester und Roberts Ex-Freundin, schnell und fahrig, dass der zehnjährige Simon an einem Tumor erkrankt sei und nicht mehr lange zu leben habe. Aus diesem Grund will der Junge diese Sache gern ins Reine bringen. Als Robert, der Anwalt, glaubt, der Abend könne nicht noch schlimmer werden, finden er, seine Ex-Freundin Karina und der zehnjährige Simon tatsächlich eine Leiche in einem alten Keller, die genau so zugerichtet ist, wie Simon es vorher beschrieben hat. Untermalt ist die unheimliche Kellerszene, in der Robert Stern den Kopf der vergammelten Leiche in der Hand hält, von unheilschwangeren Klängen, dem tropfenden Wasser im Keller und dem dumpfen Geräusch, als der Kopf in Roberts Arme fällt.
Im weiteren Verlauf der Geschichte tauchen immer mehr Leichen auf und immer will der tumorkranke Simon der Mörder gewesen sein. So erhält Anwalt Robert Stern statt des erhofften Wochenendfilms eine DVD, auf der ein grausamer Film aus seiner Vergangenheit gezeigt wird. Für den Anwalt ist die Sache klar, er wird Simons Rechtsbeistand. Nicht klar allerdings ist ihm, wie verwickelt die Geschichte des kranken Simon mit seiner eigenen ist. Denn die Aufklärung von Simons Fall, bei dem es buchstäblich um Leben und Tod geht, führt den Anwalt auch auf die Suche nach einer Antwort auf eine Frage, die ihm die unheimlich, synthetisch klingende Stimme auf der DVD gestellt hat. „Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?“

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Sebastian Fitzek, Autor Foto: FinePic München, Fotograf: H. Henkensiefken

Wer Sebastian Fitzeks Werke kennt weiß, dass er sich auf eine Reise ins Ungewisse, aber auch in spannende, abenteuerliche und entsetzliche Realitäten begibt.
Schon in seinem ersten Roman „Die Therapie“, der 2006 veröffentlicht wurde, beweist Fitzek, dass er es versteht seine Leser in völlig unbekannte Welten zu entführen, die jedoch erschreckend nah in der eigenen Welt verankert sind.
Durch seine authentische Erzählweise, Wirkliches mit Unwirklichem zu verknüpfen, werden die Bücher real. So auch das ungekürzte Hörspiel zum Buch, welches in einer Bearbeitung von Johanna Steiner vertont wurde.
Wie auch bei „Das Amokspiel“, „Der Seelenbrecher“ und „Passagier 23“, alles Werke des Berliner Autoren, führt Johanna Steiner Regie und ist Drehbuchautorin des über siebenstündigen Hörspiels. Sie hat alles durchgeplant: Von der Musik bis zur Sprecherbesetzung und den Geräuschen ist alles stimmig. Das Zusammenspiel aus musikalischen Elementen, den professionellen Sprechern und den eigens dafür produzierten Geräuschen von dem Geräuschemacher Jörg Klinkenberg, ziehen den Zuhörer in dieses aufregende und dramatische Abenteuer mit hinein. Man hört das Knipsen einer Taschenlampe, matschige Schritte durch den aufgeweichten Boden und den Regen, der unablässig auf das Auto und den Boden tropft. Das alles ist so realistisch dargestellt, dass der Zuhörer glaubt, er stecke selbst mitten in der Suche nach der ersten Leiche.
Die Hörbuchautorin Johanna Steiner hat es geschafft, die reale und authentisch geschriebene Geschichte Fitzeks zum Leben zu erwecken. Durch die real dargestellte Atmosphäre, vergisst der Zuhörer schnell, dass er sicher auf seinem heimischen Sofa sitzt. Ein hörenswerter Krimi vor allem für jene, die auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage sind: Gibt es ein Leben nach dem Tod?

Länge: 7 Stunden und 18 Minuten
Erscheinungsdatum: 8. Oktober 2012
Preis: 20,95 Euro für die ungekürzte Hörspielfassung bei www.audible.de