Dossier Begegnung

Kontroverse Themen gehören zum Chef

Als Radiojournalist entdeckte Wolfgang Nickl, dass der Online-Journalismus ein Berufszweig mit Zukunft ist. Nach einer Weiterbildung wurde er bei der Stadt München als Online-Redakteur eingestellt. Heute ist Nickl Pressesprecher des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München. Im Interview spricht er über aktuelle Veränderungen in der Pressearbeit, die Bedeutung von Social Media, und erklärt, welche Voraussetzungen man als Pressesprecher mitbringen muss.

Ein Interview von Peter Bamberger

Wolfgang Nickl

Wolfgang Nickl ist Pressesprecher des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München.
Foto: Wolgang Nickl

Herr Nickl, in der öffentlichen Wahrnehmung existiert das Klischee, dass Chefs gute Nachrichten gerne selbst verkünden und die unangenehmen Fälle dem Pressesprecher überlassen. Ist da was dran?
Nach meiner Erfahrung muss das nicht so sein. Das hängt stark von der Persönlichkeit des Chefs ab. Es soll ja Chefs geben, die bei schwierigen Fällen den Sprecher vorschicken. Anderen macht es Spaß, schwierige Themen selber zu verhandeln, weil sie sich damit klar positionieren wollen. Ich persönlich denke auch, dass kontroverse Themen zum Chef gehören, weil die Meinung damit ein Gesicht bekommt.

Kann man sagen, dass sich die Pressearbeit im Zuge der Digitalisierung unserer Gesellschaft verändert?
Die Art der Arbeit verändert sich immer ein bisschen. Man hat früher zum Beispiel sehr stark auf Pressekonferenzen gesetzt. Laut der neuesten Journalistenumfrage in Deutschland, kommen diese jedoch langsam aus der Mode. Journalisten, die zunehmend unter Zeitdruck stehen, nehmen diesen Veranstaltungstyp als Zeitfresser wahr. Für uns Pressesprecher bedeutet das, dass wir dieses Instrument zukünftig gezielter einsetzen müssen als früher. Es bedeutet aber auch, dass wir wieder mehr am Telefon gefragt sein werden. Zudem sind Social-Media-Kanäle neue Strategien, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Welche Rolle spielen Social Media in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Referats?
Das Wirtschaftsreferat hat eine ganze Reihe von Newslettern. Zusätzlich betreiben wir einen YouTube-Kanal, für den wir Inhalte auch ganz gezielt produzieren. Zum Beispiel haben wir gerade angefangen, eine Filmreihe für Existenzgründer ins Netz zu stellen. Auf dem Kanal laufen aber auch Geschichten wie der Image-Film der Landeshauptstadt: “Munich loves You“. Der Youtube-Kanal ist ein Teil unserer Bewegtbildstrategie. Für die Nachrichtenverbreitung per Twitter nutzen wir den Kanal des Presse- und Informationsamtes der Stadt.

Und was ist mit Facebook?
Facebook ist für öffentliche Verwaltungen ein schwieriges Thema, da es nicht datenschutzkonform ist. Außerdem finde ich es für PR-Arbeit untauglich. Wer will schon im Internet mit einem Zwieback befreundet sein, doch kein Mensch.

Böse Zungen behaupten ja, dass die PR-Aktivitäten über Social Media grundsätzlich rausgeworfenes Geld sind.
Das mag schon sein. Henry Ford soll jedoch einmal sinngemäß gesagt haben: ,Die Hälfte meiner Werbung ist herausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.‘ So lange Sie also nicht wissen, ob es überhaupt die Hälfte ist und wenn ja, welche Hälfte, werden Sie nicht aufhören am Sinn von PR zu zweifeln.

Welche Voraussetzungen sollte man als Pressesprecher mitbringen?
Ohne Studium kommen Sie heute nirgends mehr rein. Oft wird auch ein Fachstudium verlangt. Das sehe ich eher kritisch. Ich bin der Ansicht, dass jemand, der nicht vom Fach ist, die Aufgabe des Übersetzers, sprich die Kommunikation zwischen Fachwelt und Öffentlichkeit, besser wahrnehmen kann.

Was braucht man als Übersetzer noch?
Sehr günstig ist es, wenn Sie das journalistische Handwerkszeug beherrschen. Dann wissen Sie, wie Pressetexte aussehen müssen. Nur gut geschriebene Pressemitteilungen finden den Weg ins Blatt. Technische Kompetenzen wie Layout, Bildbearbeitung, Umgang mit Content-Management-Systemen und Social Media sind Voraussetzung. Als Trend ist erkennbar, dass Pressestellen, insbesondere deren Leitung, zunehmend mit Journalisten besetzt werden.

Und was ist mit den Soft Skills?
Persönliche Voraussetzungen sind sprachliche Gewandtheit, Eloquenz, sowie eine schnelle Auffassungsgabe, die es Ihnen erlaubt, den Kern komplizierter Sachverhalte zu erkennen und einfach darzustellen.