Interview zum Thema Upcycling mit Alexandra von Biron

Mode macht Spaß. Auch noch, wenn man die Massen an Textilmüll sieht, die sich in der Atacama-Wüste in Chile zu einem 20 Meter hohen Berg auftürmen? Massenware aus der Überproduktion der Fast-Fashion-Industrie wird dort verbrannt. Das erzeugt giftige Gase und verpestet die Umwelt.

von Daniela Christ

Kann Upcycling ein kleiner Schritt sein, das Bewusstsein für den Wert von Kleidung und Ressourcen zu schärfen? Dazu ein Interview mit Alexandra von Biron, Gründerin und Designerin des Upcycling Labels Vonbiron Lab. Sie spricht über Nachhaltigkeit und Recycling in der Modebranche.

Upcycling:

Beim Upcycling (englisch up „nach oben“ und recycling „Wiederverwertung“) werden Abfallprodukte oder (scheinbar) nutzlose Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt. Im Gegensatz zum Downcycling kommt es bei dieser Form des Recyclings zu einer stofflichen Aufwertung. Die Wiederverwertung oder Nachnutzung von bereits vorhandenem Material reduziert die Verwendung von Rohstoffen.

Nach deinem Modestudium warst du sechs Jahre bei Carolina Herrera in New York, die für ihre glamourösen Roben und Opulenz bekannt ist. Carolina Herrera ist eine venezolanisch-amerikanische Modedesignerin und Unternehmerin, die das nach ihr benannte Modeunternehmen 1981 in den USA gründete. (Quelle: https://www.wikidata.de-de.nina.az/Carolina_Herrera.html, abgerufen 11.3.2024 13:45 Uhr)

Wie sahen die Arbeitsprozesse aus? Waren Nachhaltigkeit und Upcycling damals überhaupt ein Thema in Amerika?

Nach meinem Praktikum bei Carolina Herrera in New York ging ich wieder nach Deutschland, kehrte aber nach New York zurück und bekam dort einen Job als Assistentin. Ich arbeitete als First Pattern Maker, das bedeutet, an der Schneiderpuppe zu drapieren. Carolina Herrera war immer präsent, eine sehr disziplinierte, gepflegte Frau, nie undone. Sie war der Kopf des Unternehmens, hatte aber einen Headdesigner, der sehr traditionell arbeitete.

Häufig brachte uns Rick, der Chefdesigner, einen Stoff und sagte: „Daraus brauchen wir ein Abendkleid. Überlegt mal, was man damit machen kann!“ Manchmal gab es eine Designskizze als Vorlage, dann begann man Step by Step an der Puppe zu drapieren. Wo sollen die Nähte sitzen, wie soll der Ärmel fallen, wie bekomme ich dieses Godet dahin? Eben ganz alte Schule. Die Vorstellungen von Carolina Herrera wurden von uns umgesetzt, im Atelier genäht und später für die Produktion professionell überarbeitet. Das waren alles noch Handschnitte.

Godetfalte:

(franz. Godet = eingesetzte Falte); sie ist eine gute Möglichkeit, bei einem hüftschmalen Rock eine schwingende Saumweite zu erzeugen. Die keilförmigen Falten werden meist an Teilungsnähten im Rock eingesetzt.

Ich bemerkte bald, dass dem Unternehmen ein wenig Struktur fehlte, und übernahm die Organisation der Kollektionen. Ich entwarf technische Schnittzeichnungen und  kümmerte ich mich um die Kollektionsbücher. Aus einem Stoff kann man schließlich nicht nur ein Kleid machen, sondern auch mehrere Teile für eine Kollektion. Herrera designt hauptsächlich pompöse Abend- und Brautmode, so wie ihre Kollegen Oscar de la Renta oder Bill Blass.

„Heute weiß man, dass, im Sinne von Recycling, Polyester die bessere Wahl gewesen wäre.“

Im Programm waren aber auch Kostüme, Prêt-a-porter und Cocktail Wear. Wir verwendeten hochwertigste Materialien, Naturstoffe wie Seide, Cashmere oder Cotton. Materialmischungen gab es nicht. Erst später kamen auch Satin aus Polyester oder Polyester-Seide zum Einsatz. Heute weiß man, dass, im Sinne von Recycling, Polyester die bessere Wahl gewesen wäre.

Man kann Polyester chemisch auflösen und neue Fäden daraus machen. Vorausgesetzt, es wurde nach den vorgeschriebenen Richtlinien gefärbt, behandelt und hat die entsprechende Struktur. Da gibt es große Unterschiede. Upcycling war in diesem anspruchsvollen Genre eigentlich kein Thema, weil es keine hohen Stückzahlen gab und das Segment generell sehr hochpreisig ist.

Man zieht diese wertvollen Stücke ein paarmal an, wirft sie aber natürlich nicht weg, sondern verkauft sie, wenn überhaupt, im Second-Hand-Shop oder vererbt sie Kindern oder Bekannten. Dadurch haben diese Sachen eine viel längere Lebensdauer und bleiben auch im Kreislauf.

Du warst 17 Jahre bei Escada in München. Was war dort anders als in Amerika? Ab wann hat man dort über Nachhaltigkeit nachgedacht?

Margaretha Ley war der Kopf von Escada. Sie hat innerhalb von zehn Jahren eine Erfolgsstory geschrieben. Früher selbst Model, wollte sie Mode für die Geschäftsfrauen mit Glamourfaktor entwickeln. Später kam noch die Linie Escada Sport hinzu, eine eher schickere Sportkollektion. Margaretha Ley hat zwar mitdesignt, hatte aber ihr Team. Sie war keine Trendsetterin, sondern hat die Trends in tragbare, meist sehr farbenfrohe hochwertige Ready-to-Wear-Kollektionen, umgesetzt.

„Es wurde änderungsfreundlich gearbeitet, in Form von großzügigen Nahtzugaben oder dem Beifügen von Ersatzknöpfen und Extrastoff.“


Bei Escada waren Nachhaltigkeit oder der Gedanke daran überhaupt kein Thema. Es wurde änderungsfreundlich gearbeitet, in Form von großzügigen Nahtzugaben oder dem Beifügen von Ersatzknöpfen und Extrastoff. Bei luxuriösen Firmen war das selbstverständlich und das nannten sie Recycling.

Hochpreisige Strickwarendesigner geben beispielsweise Cashmere-Fädchen mit, um bei Bedarf die Teile wieder reparieren zu können. Ich nenne das nicht Recycling, sondern Nachhaltigkeit. Die Kleidungsstücke von Escada waren qualitativ sehr hochwertig, sind deshalb hochpreisig und heutzutage in Vintage-Läden heißbegehrt.

In meinen letzten Jahren bei Escada regte ich an, mehr über Nachhaltigkeit nachzudenken. Zum Beispiel, was Jeansstoffe oder spezielle Produktgruppen betraf. Allerdings waren die produzierten Stückzahlen auch nicht so hoch. Außerdem arbeiteten wir immer mit zertifizierten Stoffen.

Das bedeutete, dass die für Escada charakteristische Farbigkeit später zu Problemen oder Einschränkungen führte. Denn in Europa ist alles durch die Chemikalienverordnung Reach geregelt. Viele Farben waren deshalb verboten. Manche Kleidungsstücke konnten daher nicht in bestimmten Farb-Stoffkombinationen gefertigt werden.

Ich habe viel mit indischen Stofffirmen zusammengearbeitet. Jede einzelne Paillettensorte wurde im Labor überprüft und hatte ein Zertifikat. Es kam vor, dass eine ganze Produktion vernichtet werden musste, weil sie nicht den Reach-Richtlinien entsprach. Auch H&M oder Zara, die in ganz anderen Stückzahlen produzieren, sind an diese Richtlinien gebunden.

Hier ist eine positive Veränderung erkennbar, weil diese Produzenten teilweise wirklich gute Stoffe einkaufen. Katastrophal sind andere Fast-Fashion-Firmen wie Temu oder Primark, europäische Unternehmen, die den Markt mit Scheiß überfluten. Daraus ergibt sich ein Problem für die Sortierer, denn solch minderwertige Ware kann man nicht mehr in den Second-Hand-Shops verkaufen.

Reach-Verordnung:

Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 ist eine EU-Chemikalienverordnung, die am 1. Juni 2007 in Kraft getreten ist. REACH steht für Registration, Evaluation, Autorisation and Restriction of Chemicals „Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien“. Inkrafttreten: 1. Juni 2007.

Wie können sich die Produktion neuer Mode und Upcycling ergänzen?

Das ist illusorisch. Wenn man etwas upcycelt, gibt man dem Ganzen eine neue Wertschöpfung. Das Material muss das aber auch hergeben, wie etwa bei meiner Kollektion aus Norwegerstrick. Wolle ist eine Ressource, die sich durch eine relativ lange Lebensdauer auszeichnet. Deshalb lohnt es sich, nochmals darin zu investieren, damit der Kunde später auch einen dementsprechenden Preis zahlt.

„Wenn man etwas upcycelt, gibt man dem Ganzen eine neue Wertschöpfung.“

Upcycling ist ein Nischenprodukt, worauf man sich spezialisieren kann, wenn man besondere Materialen nutzt, wie Leinen oder Baumwolle aus alten Tischdecken oder Bettwäsche: Eben etwas, das den Wert hat, daraus nochmal etwas Neues entstehen zu lassen. Aus einem Plastikmaterial von Fast-Fashion-Firmen dagegen kann ich in Hinblick auf Upcycling nichts Schönes mehr machen.

Beim Recycling sieht die Sache anders aus, denn hier sind Polyesterfasern sehr beliebt. Man kann sie chemisch auflösen und neue Fäden daraus machen. Vorausgesetzt, sie wurden nach den vorgeschriebenen Richtlinien gefärbt, behandelt und haben die entsprechende Struktur. Da gibt es große Unterschiede.

„Es müsste ein weltweites Anliegen sein, das einheitlich zu regeln.“

Andererseits wird unglaublich viel an Mode, etwa 70 Prozent, aus Ländern wie Amerika und China importiert, wenn ich richtig informiert bin. Dort gelten die strengen Richtlinien wie in Europa nicht. Das heißt, man kann überhaupt nichts kontrollieren. Es müsste ein weltweites Anliegen sein, das einheitlich zu regeln.

Woher beziehst du dein Material? Gibt es eine Kooperation mit Designfirmen, die dir gebrauchte Stücke oder alte Kollektionsteile zukommen lassen?

Bisher noch nicht, aber das ist mein Ziel. Die ganze Story mit der Materialbeschaffung war ein Lernprozess. Aktuell bekomme ich mein Material von Remondis oder Retextile, deren Abteilung für Textilien. Da bin ich hingefahren und habe erklärt, ich wolle eine Upcycling-Kollektion machen.

Dafür würde ich gerne T-Shirts aus 1A Qualität nutzen, sagte ich relativ blauäugig .und deutete auf die Stange mit den Baumwoll-T- Shirts. Die seien bereits an Händler verkauft, die per Kilogramm kaufen, wurde ich aufgeklärt, wie etwa Pick & Weight, die wiederum zum Sortierer Soex gehören.

„Die ganze Story mit der Materialbeschaffung war ein Lernprozess.“

Ich bekam also keine T-Shirts, auch keine Sweatshirts und schon gar keine Levis Jeans. Stattdessen aber eine Belehrung darüber, dass echtes Upcycling bedeutet, Material zu verwenden, das wirklich keinen Wert mehr hat. Ich durfte mich dann aus einem Container bedienen, in dem die letzten abgefuckten T-Shirts aus Baumwolle lagen, dreckig und kaputt. Was sollte ich denn damit noch anfangen? Das wird trotzdem noch verkauft und zu Dämmmaterial verarbeitet, erfuhr ich.

Aus den Baumwoll-Fasern entsteht Cellulose und daraus wiederum Papier oder Viskose und alles bleibt somit im Kreislauf. Das gilt auch für Daunen, die sehr gut recycelbar sind, wie das in Polen gemacht wird. An die Strickpullis, die das Material für meine Kollektion wurden, bin ich eher zufällig gekommen. Diese wollte ein Secondhand-Händler an einem Stand in München verkaufen. Er ging aber pleite und so bekam ich den Zuschlag von Retextile.

Wie setzt du Recycling bei deinen Kollektionen ein?

Die Strickpullis für meine Kollektion habe ich von Hand mit einem speziellen Wollwaschmittel gewaschen. Dann prüfte ich, wie der Shape ist und was man damit machen kann. Danach habe ich das Material aufpoliert, die Fusseln entfernt, geprüft, ob es Löcher gibt. Anschließend wurden die Pullis teilweise aufgetrennt. Ich entwerfe zwei Kollektionen. Konfektionierte Teile, wie die Westen, haben alle ein Schnittmuster. Jede Weste wird einzeln danach zugeschnitten, deshalb war ich davon abhängig, wie viel Material jeder Strickpulli lieferte.

Bei den Jacken war das einfacher. Hier lies ich professionelle Schnitte aufstellen und gradieren. Dann wurde je nach Größe der aufgetrennten Strickteile entschieden, ob daraus später eine S-, M- oder L- Jacke wird. Der Strick reicht natürlich nicht für ein komplettes neues Stück. Deshalb ergänzte ich die Strickteile durch andere Stoffe und recycle oder upcycle in einem. So entstanden neue Styles.

Sind die Kunden bereit, für individuelle Upcycling Kleidung die relativ hohen Preise zu bezahlen? Ist ihnen klar, wie der hohe Preis zustande kommt?

Der Arbeitsaufwand für ein einzigartiges Kleidungsstück ist sehr hoch. Die Unikate entstehen alle hier im Atelier. Sie werden von mir individuell zugeschnitten und von der Schneiderin sehr hochwertig genäht. Alle Teile bestehen aus unterschiedlichen Materialien, die eine spezielle Bearbeitung erfordern. Dieses Design gibt es nur einmal und aus diesem Zusammenspiel resultiert der Preis.

Schaufenster mit Teilen aus der Upcycling-Strickkollektion von Alexandra v.Biron

„Dieses Design gibt es nur einmal und aus diesem Zusammenspiel resultiert der Preis.“

Die Hosen habe ich unifarben in mehreren Größen im Geschäft vorrätig. Sie sind etwas günstiger, aber eben kein Unikat mehr. Die Stoffe sind Restware aus der Industrie, die ich in Italien kaufe. Da bekomme ich manchmal nur zehn bis zwanzig Meter, eben was noch da ist. Für Jungdesigner ist das oft der einzige Weg an Material zu kommen, weil die Stofffirmen oft viel zu große Absatzmengen vorgeben.

Aus 100 Metern Stoff könnte ich etliche Hemden herstellen, aber Massenproduktion ist nicht meine Richtung. Meine Idee ist ein ganzjähriges Konzept. Die Hosen hängen im Winter im Laden und werden auch im Sommer noch verkauft. Ich möchte eigentlich auch keinen Sale. Warum sollte ein Teil im nächsten Jahr auf einmal weniger wert sein? Der Kunde kauft schließlich das Gleiche. Ich bin hier für mehr Beständigkeit.

Meine Theorie ist, dass Basics im Vergleich zu früher teurer sein müssten. Sie werden viel öfter getragen, sollten also hochwertiger und strapazierfähiger sein. Das ist mein Anspruch. Bei den modischen Teilen, den Hinguckern oder Teasern, kann gerne experimentiert werden.

Das Schwierigste aber wird sein, die Menschen dazu zu bringen, ihr Konsumverhalten zu überdenken.

Die Kunden empfinden die Preise im Laden zwar als hoch, aber es gibt Unterschiede Manchen Kunden gefallen die Sachen, aber sie liegen nicht in deren Budget. Andere diskutieren den Preis erst gar nicht und kaufen gleich, weil sie sich auskennen und den Wert schätzen. Es gibt aber auch Kunden, die finden alles schön, aber zu teuer. Dann fahren sie mit dem SUV weg. Ich denke, jeder muss selbst entscheiden, was ihm etwas wert ist.

Ist Upcycling nur etwas für stylische junge Leute?

Wären die Sachen hier preisgünstiger, würde sicher mehr gekauft werden. Denn den jungen Leuten gefällt meine Kollektion. Sie finden die Sachen mega cool, sind offener für das Thema, haben aber das Geld nicht. So langsam kommen aber auch Kunden im Alter zwischen 35 und 55 Jahren zu mir, die etwas Besonderes suchen.

Was ist das Thema deiner nächsten Kollektion? Wie ist deine weitere Planung?

Es gibt kein spezielles Motto, aber die neue Kollektion wird im Stil der Neunziger sein. Material hierfür sind Sakkos, die durch ihre kompliziertere und dadurch arbeitsintensivere Verarbeitung von Haus aus schon einen Wert haben. Oft sind das sehr gute Stoffqualitäten aus 100 Prozent Wolle oder Cotton.

„…aber die neue Kollektion wird im Stil der Neunziger sein…“

Tank-Tops aus Jersey-Strick werden ein Thema sein. Alles nicht zu feminin, ich liebe maskulinere Silhouetten. Ab April sollten die ersten Teile im Verkauf sein. Den Laden habe ich, wenn sich nichts ändert, erst mal nur bis Ende Juni. Ab September könnte ich mir vorstellen, auch Pop-Up-Kooperationen zu machen, etwa mit Ludwig Beck oder Lodenfrey.

Was war der Auslöser für dein Upcycling-Label?

Auslöser war meine Unzufriedenheit über die Entwicklung und die Umstände in der Modeindustrie. Es gab keine Visionen mehr, nur noch den Blick auf die Absatzmärkte. China möchte dies, Amerika möchte jenes, alles ist völlig durch den Vertrieb gesteuert.

Ist diese Strategie vielleicht in gewissen Segmenten richtig?

Für manche Segmente mag das passend sein. Ich will immer erkennen können, von welchem Designer etwas kommt, also seine Handschrift sehen. Es gibt nur noch eine Suppe, leider ein Phänomen unserer Zeit und der Diversität. Frauenpullis können von Männern getragen werden und Männerkleidung ebenso von Frauen.

„Ich würde mich über mehr Individualität freuen.“

Heute ist alles möglich. Deshalb ist meine Kollektion auch eher Unisex. Aber mir ist aufgefallen, dass nun irgendwie jeder gleich aussieht. Ich würde mich über mehr Individualität freuen. Junge Leute, die ich im Sommer in ihren Vintage-Klamotten an der Isar sehe, inspirieren mich.

Warum hast du Modedesign studiert? Wer war prägend für deine Berufswahl, deinen Geschmack, deinen Sinn für Ästhetik und Mode?

Das Erste, was mich geprägt hat war, dass ich immer nur limitiert Fern gucken durfte. Wir hatten auch keinen modernen Fernseher, also musste ich mich anderweitig beschäftigen. Ich habe gezeichnet und gestrickt. Meine Monchhichis und Barbiepuppen hatten ganze Wohnwelten. Mit 14 machte ich einen Nähkurs und fing an, meine Kleidung selbst zu nähen. Von da an war klar, dass ich gerne Modedesignerin werden wollte. Meine Mutter war handwerklich eher unbegabt, aber immer sehr chic und geschmackvoll gekleidet. Der Stil meines Vaters war konservativ, aber auch elegant.

Kleidung war in unserer Familie kein besonders großes Thema. Allerdings wollte ich immer Markenkleidung tragen, die mir meine Eltern aber nicht gekauft haben. Sie waren der Meinung, dass ich mir das Geld dafür etwa durch Babysitten selbst verdienen sollte. Meine Freundin hatte einen Pulli in fünf Farben. Sie riet mir, auch bei C&A einzukaufen. Da wäre alles preisgünstiger und ich bekäme mehr für mein Geld.

Schon damals waren mir Individualität und Qualität wichtiger als Masse. Da ich die Älteste meiner Geschwister bin, habe ich oft Sachen aufgetragen, die meine Mutter von Kindern ihrer Freundinnen bekam. Recycling war auch damals schon ein Thema. Als die Flicken-Jeans in Mode kamen, trugen wir sie alle mit Begeisterung. Sie waren Ausdruck für ein freies und revoluzzerhaftes Lebensgefühl.

Fast-Fashion-Firmen gab es damals noch gar nicht. Als ich auf die Modeschule Esmod in München ging, war der Designer Helmut Lang mein Liebling und meine größte Inspirationsquelle. Dazu kamen Avantgard-Designer wie Martin Margiela oder Ann Demeulemester.

Meine Kollektionen haben kein bestimmtes Thema, aber immer etwas Eigenes, einen Stil, den ich präsentieren möchte. Thomas Kalak, der Photograph, mit dem ich zusammenarbeite, porträtiert meine Unikate deshalb auch immer an Menschen, die ein Statement ausstrahlen.

Unikate aus der Upcycling-Kollektion von Alexandra von Biron

Remondis:

Die Remondis SE & Co. KG ist das größte deutsche Unternehmen für Recycling, Wasserwirtschaft sowie kommunale und industrielle Dienstleistungen mit Sitz in Lünen. Gesellschafter ist die in Familienbesitz befindliche Rethmann-Gruppe. Wikipedia

Gründung: 1934
Mitarbeiterzahl: 41.000
Hauptsitz: Lünen

Wie engagierst du dich für mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche?

Um das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen, unterstütze ich Remondis als Ambassador für Textil Tiger. Das ist ein großartiges Startup-Unternehmen von Retextile, dem Textilbereich von Remondis. Textil Tiger holt Altkleidung direkt beim Endverbraucher ab und verhindert dadurch, dass die Kleidung in Textilcontainern kontaminiert wird.

Die Leute werfen oft ungewaschene, verdreckte Textilien hinein oder anderes, das da nicht hineingehört. Eine kontaminierte Containerladung muss entsorgt werden und ist für die Wiederverwertung nutzlos. Außerdem plane ich in mehreren Städten Events zu spezifischen Themenfeldern. Beispielsweise den Panel Talk, eine Podiumsdiskussion über nachhaltige Mode und Retail in Köln.

Beim Zamanand Festival hier in München organisierte ich einen Upcycling Workshop. Aus aussortierten Klamotten von Retextile bauten wir einen Second- Hand- Shop auf und veranstalteten einen Styling-Wettbewerb. Die Leute durften sich mit unseren Sachen stylen, wurden von Thomas Kalak fotografiert und dann prämiert. Die ersten, zweiten und dritten Preisträger durften ihre Outfits behalten.

Gottseidank gibt es auch Oxfam oder das Rote Kreuz, bei denen man direkt Second- Hand Kleidung kaufen kann. Die Sammelstellen beim Roten Kreuz verkaufen die Kleidung an Retextile oder Soex, eine andere Textil-Verwertungsgesellschaft. Davon gibt es mittlerweile mehrere und der Gewinn geht als Spende an solche sozialen Initiativen.

Textile Tiger:

Wer steckt hinter Textil Tiger? Schon im April 2022 launchte REMONDIS Recycling sein eigenes Start-Up Textil Tiger, das bei privaten Haushalten kostenlos Alttextilien abholt. Dies trifft den Nerv der Zeit, sich per Lieferdienst und Termin Dinge bringen und auch wieder abholen zu lassen.

Weitere Beiträge der Autorin im Magazin:

Ökologischer Hopfenanbau: Wie gelingt der Wandel in Bayern?
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/walter-koenig-im-interview-oekologischer-hopfenanbau/

Von der Marienkäferzucht zum Papst für Hopfenforschung
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/von-der-marienkaeferzucht-zum-papst-fuer-hopfenanbau/

Hopfenanbau in der Hallertau
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/hopfen-in-der-hallertau/

Wie klingt eine Praline namens Emelie?
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/andreas-muschler-komponiert-feinste-handgemachte-pralinen/

Der Podcast “50 über 50” – Für Frauen in der Lebensmitte
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/50-ueber-50-fuer-frauen-in-der-lebensmitte-ein-podcast/

Wenn Eltern älter werden: Eine schwere Geburt
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/wenn-eltern-aelter-werden-eine-schwere-geburt/

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