Hopfenanbau in der Hallertau

Tradition, Heimat, Leidenschaft

Meterhohe Holzstangen, die wie Mikado-Stäbe aus den Feldern ragen, prägen das Landschaftsbild im südlichen Bayern von Ende September bis ins nächste Frühjahr.

Stangenwald im Fruehjahr in der Hallertau
Stangenwald im Frühjahr in der Hallertau Foto Daniela Christ

„Hier in der Hallertau bestimmt der Hopfen den Jahresrhythmus“, erklärt die Hopfenbäuerin Marion Pichelmeyer. „Bei uns gibt es kein Kalenderjahr, sondern ein Hopfenjahr.“ Hallertau im März 2024. Seit einigen Wochen tut sich wieder etwas auf den verwaisten Feldern. Alles wird bestmöglich vorbereitet, damit sich der karge Stangenwald bis zum Sommer in einen herrlich grünen Hopfengarten verwandelt

Der Hopfen: Heimat und Tradition

Das weltweit größte Anbaugebiet für Hopfen erwacht aus seinem Winterschlaf. „Dieses Jahr waren wir schon Ende Februar zum ersten Mal auf dem Feld“, erzählt die Landwirtin. Sie ist Hopfenbäuerin mit Leib und Seele. „Für mich bedeutet der Hopfen Heimat und Tradition“, beschreibt sie liebevoll ihre Beziehung zur wichtigsten Pflanze der Region. Wer in der Hallertau lebt, nennt die Hopfenregion häufig die Toskana von Bayern.

Hopfenbaeuerin Marion Pichelmeyer auf einem ihrer Felder
Hopfenbäuerin Marion Pichelmeyer auf einem ihrer Felder Foto Daniela Christ

„Eigentlich wollte ich schon immer Hopfenbäuerin werden. Mit zwei Töchtern und keinem Stammhalter sah mein Vater das Fortbestehen seines Lebenswerks schon in Gefahr“, erinnert sich Marion. Nach ihrer kaufmännischen Ausbildung in einem Landschaftsbauunternehmen übernahm sie aber 1997 den Hof Ihrer Eltern.

Diese betriebswirtschaftliche Lehre, über die sie anfangs sehr unglücklich war, war im Nachhinein genau die richtige Entscheidung. Den Familienbetrieb bewirtschaftet sie heute gemeinsam mit ihrem Mann in dritter Generation. „Gott sei Dank habe ich mich in einen Mann verliebt, der meine Leidenschaft für den Hopfenanbau teilt“, sagt sie verschmitzt. Als Agrarbetriebswirt ist er der eigentliche Chef des Hofes.

Hopfen: Auf die Sorten kommt es an

Marions Mama Rita packt noch richtig mit an. Lässig im Jeanshemd, mit rosigen Wangen, eine Strickmütze auf dem Kopf, sitzt sie im Hof, vor sich eine Kiste mit Schnittfechser. Aus denen sollen neue Hopfenpflanzen entstehen. Während das Radio trällert, schneidet sie mit einem Messer sogenannte Kernstücke zurecht.

Mama Rita schneidet Wurzelstuecke zu
Mama Rita schneidet Wurzelstücke zu Foto Daniela Christ

Sie zeigt auf einen winzigen Trieb und erklärt: „Auf den warten wir“. Sie steckt das Stück in einen kleinen mit Erde befüllten Blumentopf und stellt ihn zu den anderen, die bis zum Mai 20 Zentimeter wachsen sollen. „Dann sind sie so weit, auf die Felder gepflanzt zu werden“, sagt sie. Allerdings bringen die Setzlinge erst ab dem zweiten Jahr Ertrag.

Wurzelstueck zum-Zuechten neuer Hopfentriebe
Wurzelstück zum-Züchten neuer Hopfentriebe Foto Daniela Christ

Welche Sorten gepflanzt werden, richtet sich nach der Nachfrage. „Wir bauen zehn unterschiedliche Hopfensorten an. Es gibt sogenannte Hochalphasorten und Aromasorten“, erklärt Marion. Die in den Dolden enthaltene Alphasäure ist neben den Aromaölen der wichtigste Bestandteil des Hopfens. Je mehr Alpha, desto bitterer.

Der Gehalt an Alphasäuren bezeichnet den Grundbittergehalt einer Sorte

Der Gehalt an Alphasäuren bezeichnet den Grundbittergehalt einer Sorte. Dieser für die Brauereien essenzielle Inhalt befindet sich in den klebrigen gelben Kügelchen, dem Lupulin, im Inneren der Hopfendolde. Hochalphasorten wie Herkules haben einen besonders hohen Wert an Alphasäure von etwa 15 bis 22 Prozent. Bei Aromasorten wie Perle oder Smaragd liegt der Alphasäurewert unter zehn Prozent. Verglichen mit anderen aromatischen Sorten haben sie einen hohen Bitteranteil und sind deshalb sehr beliebt bei den Brauereien. Sie sind milder und können als zweite Hopfengabe Harmonie und Charakter eines Bieres abrunden.

Ohne Saisonarbeiter geht es nicht

„Wir bewirtschaften 110 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche“, berichtet Marion. „Das geht nur mit Hilfe unserer Saisonarbeiter. Viele kommen aus Polen und Rumänien. Die meisten arbeiten schon jahrelang bei uns. Unser Vorarbeiter Darek unterstützt uns seit 25 Jahren.“ Man kennt ihre Familiengeschichte und freut sich, wenn sie kommen. „Ich kann jedes Jahr einen neuen Schlepper kaufen, aber die Arbeiter sind nicht zu ersetzen“.

Saisonarbeiter beim Andrahten der jungen Hopfentriebe
Saisonarbeiter beim Andrahten der jungen Hopfentriebe Foto Daniela Christ

An ihrer Arbeit als Hopfenbäuerin liebe sie die Vielfalt der Aufgaben, das Abwechslungsreiche. Zwischendurch vertröstet sie einen Nachbarn, der sich den neuen Bagger ausleihen will, auf später. Jeder Tag ist anders, aber immer fängt er früh an. Nach dem Verteilen der Brotzeit an die Helfer kümmert sie sich um Buchhaltung, Arbeitsverträge und das Büro. Dann geht es auch für Marion raus aufs Feld.

Je nach Jahreszeit fallen dort unterschiedliche Arbeiten an. „Der Hopfenstock ist eine mehrjährige Staudenpflanze und bleibt 15 bis 20 Jahre im Boden“, sagt Marion. So lange ist er ertragreich. Jetzt im Frühjahr bekommt er einen sogenannten Verjüngungsschnitt. „Das geschieht heutzutage maschinell mit dem Schlepper“, erklärt die Landwirtin. „Man macht das, um die Anzahl der Triebe zu steuern. Sechs Triebe für eine kräftige Hopfenpflanze. Es sind aber bis zu 100 Triebe pro Hopfenstock“.

Eine Delikatesse: Der Hopfenspargel

Den Ausschuss aus dem Hopfenschnitt nennt man Hopfensprossen oder auch Hopfenspargel. Was früher ein Armeleuteessen war, gilt heutzutage als seltene Delikatesse. „Mit Butter, Zitronensaft, Salz, Pfeffer und einem Klecks Schlagsahne schmeckt das einfach himmlisch“, schwärmt Marion vom Rezept ihrer Mama.

Danach sind die Drahtarbeiten an der Reihe. An den Anlagen werden die Drähte gespannt und mit der Eisenlanze in den Boden gerammt. Das machen die Saisonarbeiter von Hand. Ende April sind die Triebe groß genug. „Dann sind wir auf den Feldern damit beschäftigt, die Triebe anzuleiten, immer drei pro Draht“, erklärt Marion.

Drahtarbeiten auf dem Hopfenfeld im Fruehjahr
Drahtarbeiten auf dem Hopfenfeld im Frühjahr Foto Daniela Christ

Bis Ende Mai fordert der Hopfen viel Aufmerksamkeit und Fürsorge. „Da sind wir jeden Tag auf den Feldern und kontrollieren, ob die Pflanzen ordentlich an den Drähten entlang wachsen.“ Daher kommt das Sprichwort: „Der Hopfen will jeden Tag seinen Herrn sehen.“

Bis zum Herbst klettert der Hopfen etwa sieben Meter an den Drähten in die Höhe. „Er ist eine Wunderpflanze“, schwärmt Marion. „Bei 25 Grad im Sommer und warmen Nächten wächst er täglich bis zu 20 Zentimeter.“

Pflanzenschutz: Biologisch oder konventionell?

Ab Mitte Juni ist Pflanzenschutz das Thema. „Ohne Spritzen geht es nicht“, betont die Hopfenbäuerin. Da sind sich Marion und ihr Freund, der Biolandwirt Markus Eckert einig. Die beiden kennen sich seit 15 Jahren. Zur Hopfenernte ist es nicht ungewöhnlich, dass Fremde auf dem Hof stehen und fragen, ob sie zuschauen dürften, erinnert sich Marion an ihre erste Begegnung.

Markus Eckert
Markus Eckert Foto Markus Eckert

So tauchte eines Tages Markus mit seinem Bruder bei ihr auf. Die beiden gaben sich aber nicht als Hopfenbauern zu erkennen, sondern stellten nur viele Fragen. „Es hat aber nicht lange gedauert und ich habe die beiden Spione enttarnt“, lacht Marion. „Es war die Art der Fragen, die mich stutzig gemacht hat“, sagt sie.

Ein Hopfenexperte stelle doch andere Fragen als ein Laie. Der Sympathie-Funke sei sofort übergesprungen, beschreibt Markus den Moment ihres Kennenlernens. „Wir teilen die Besessenheit und Liebe für den Hopfen“, ergänzt er. Daraus sei mittlerweile eine enge Freundschaft entstanden.

Markus Eckert ist mit mehr als 50 Hektar einer der größten Anbauer für Biohopfen in Deutschland. Er führt den Betrieb seiner Eltern weiter, einen typisch fränkischen landwirtschaftlichen Mischbetrieb, mit allem, was man sich vorstellen kann.

Rückkehr zum konventionellen Anbau: ein Rückschritt

„Wir hatten Kühe, Schweine und Getreide, Hopfen, Kartoffeln und Tabak auf den Feldern“, erzählt er. „Meine Eltern haben 1987 von konventionellem Anbau auf biologischen umgestellt. Sie sind gemeinsam mit der Brauerei Lammsbräu ein großes Wagnis eingegangen. Ich war 13 Jahre alt und habe die Pionierarbeit meiner Eltern mit meinen beiden Brüdern erlebt.“

Markus Eckert mit Hopfendolden im Korb
Markus Eckert mit Hopfendolden im Korb Foto Markus Eckert

„Es war ein Zusammenspiel mehrerer Aspekte, das sie bewogen hat, diesen aus damaliger Sicht wahnsinnigen Schritt zu gehen“, sagt er rückblickend. „Heute würde sich das niemand mehr trauen.“ Der wichtigste Grund, auf biologischen Anbau umzustellen, war das Schicksal einer befreundeten Obst- und Hopfenbauern-Familie, erinnert sich Markus. Chemische Pflanzenschutzmittel sollen die Ursache für die Blindheit ihrer Kinder gewesen sein.

„Anfangs war der Umstieg schwer und herausfordernd für meine Eltern“, erläutert er. „Sie hatten wenig Ahnung von ökologischer Landwirtschaft und wurden von anderen Hopfenbauern für ihren neuen Weg belächelt. Meine Brüder und ich sind stolz darauf, was unsere Eltern uns vorgelebt haben“. Zum konventionellen Anbau zurückzukehren, wäre für ihn undenkbar und ein Rückschritt.

Biohopfen: 100 Stunden mehr Arbeit pro Hektar

„Auch wenn das Probleme, Sorgen und viel mehr Arbeit mit sich bringt, die ein konventioneller Hopfenbauer gar nicht kennt. Wir arbeiten etwa 100 Stunden mehr pro Hektar als konventionelle Kollegen, da viel Handarbeit anfällt“, schätzt Markus. „Wir entlauben unseren Hopfen von Hand und bepinseln jede Rebe mit einem Ring aus natürlichem Leim, um der gemeinen Spinnmilbe das Leben schwer zu machen.“

Handarbeit am Biohopfen
Handarbeit am Biohopfen Foto: Markus Eckert

„Weil der Hopfen keine Nebenbuhler duldet, müssen wir diese in Schach halten. Dazu nutzen wir keine Herbizide, sondern flammen unsere Bifänge (Ackerbeete) ein- bis zweimal händisch ab. Etwa 132 Kilometer legen wir dabei jedes Mal zurück.“ Im Unterschied zum konventionellen Anbau stellt Markus Eckert seinen Dünger selbst her. Dabei setzt er auf Kompost aus organischem Material, wie Mist, Hackschnipseln aus Kohle und gehäckselten Reben.

Hopfen ist sehr anfällig gegen den Peronosporapilz und echten Mehltau. Aber auch Schädlinge wie Blattläuse oder die rote Spinne setzen der Hopfenpflanze zu. Ich bin überzeugte konventionell produzierende Hopfenbäuerin“, bekräftigt Marion. „Wir schützen unsere Pflanzen gegen Schädlinge und Krankheiten.“

Sie ist sich sicher, Pflanzenschutz fachgerecht und bewusst einzusetzen. Das sei besser, als die Pflanze den Widrigkeiten der Umwelt zu überlassen. Die ökologische Landwirtschaft nutzt Kupfer als einzig wirkungsvolle Waffe gegen Peronospora. Aber auch dieses Spurenelement steht in der Kritik. Die Menge an kupferhaltigem Spritzgut ist allerdings viel geringer als früher.

Keine Alternativen zum Kupfer

„Meine Eltern haben damals 60 Kilo Kupfer pro Hektar im Jahr gespritzt. Ich spritze im Schnitt nur noch drei Kilo pro Hektar. Auch das passiert von Hand“, erklärt Markus Eckert. „Ich bin seit 20 Jahren in einer sogenannten Kupfer-Taskforce. Einmal im Jahr treffen wir uns zum Austausch für drei Tage in Berlin“.

„Bisher haben wir keinen brauchbaren Ersatz für Kupfer gefunden. Meistens sind synthetische Komponenten in den Alternativen enthalten, die man uns verschwiegen hat. Da haben wir schon die heißesten Sachen erlebt“, erinnert sich Markus.

Arbeiten auf dem Biohopfenfeld
Arbeiten auf dem Biohopfenfeld Foto: Markus Eckert

Hopfensorten wie Mandarina Bavaria, die weniger Pflanzenschutzmittel brauchen, baut die Hopfenbäuerin Marion Pichelmeyer nicht an. Daran hätten die Brauereien zu wenig Interesse. „Bei unseren Mitbewerbern in Australien gibt es diesen Pilz und Mehltau nicht. Sie haben dadurch Wettbewerbsvorteile.“

Unser Hopfen konkurriert mit der Welt

Marion will ihren Hopfen weltweit liefern. „Biohopfen bringt weniger Ertrag und muss deshalb teurer verkauft werden“, betont sie. Für Markus Eckert ist das kein Argument. „Früher haben wir viel Hopfen nach Amerika geliefert. Dort pflanzen die Bauern nun selbst Biohopfen an. Jetzt geht der Großteil unseres Hopfens an Brauereien in Japan und Skandinavien“, erzählt er. Nur 15 Prozent liefert der Ökobauer an die Neumarkter Biobrauerei Lammsbräu.

„Wenn man über den großen Teich liefert, ist die Vermarktung über Handelshäuser oft einfacher. Das sind die Experten bei Zoll und Frachtpapieren. Ich musste mir diese Dinge hart erarbeiten“, erläutert Markus. „Biohopfen ist im Verkauf wesentlich hochpreisiger als sein konventioneller Bruder, etwa doppelt so teuer“, schätzt er. Das liege am höheren Arbeitsaufwand und noch zu geringer Nachfrage.

Hopfenhandel: Es geht nur gemeinsam

Der Hopfenhandel würde nicht funktionieren, wenn alle biologisch anbauen. „Wer den Hopfen nicht als Biohopfen vermarkten kann, ist in zwei Jahren bankrott“, sagt Markus. Deshalb geht es nur gemeinsam mit konventionellen Hopfenbauern, wie seiner Freundin Marion. Im Moment gebe es zu viel Bioanbaufläche für Hopfen. In der Hallertau gibt es rund 15 Hopfensiegelbezirke, wie etwa Wolnzach, Pfaffenhofen oder Siegenburg.

Jedes Kilo Hopfen wird gesiegelt, um zu kennzeichnen, woher der Hopfen kommt. „Ich bin Vorstand des Bezirks Hersbruck, mit zwei Biobauern und elf konventionellen Hopfenbauern. Es gibt eben zwei Linien, die konstruktiv und respektvoll zusammenarbeiten“, beschreibt Markus das Miteinander.

Der einzig sinnvolle Ansatz ökologischen Hopfenanbau zu fördern, sei mehr Biobier zu verkaufen. Alle anderen von der Politik gesteuerten Konzepte seien unsinnig, meint Markus Eckert. Beim Verbraucher müsse das Verständnis wachsen, mit dem Konsum von Biobier sich selbst und der Umwelt etwas Gutes zu tun. Dann würde auch der Absatz von Biobier steigen.

Sparen an der falschen Stelle

„Fleischkonsum ist da ein aussagekräftiges Beispiel“, meint Markus. „Ich liebe Süßspeisen und esse nur selten Fleisch. Zu besonderen Anlässen genehmige ich mir aber gerne ein schönes Stück Filet vom Naturkostgroßhändler im Ort. Das hat seinen Preis, aber es stellt sich immer die Frage, was mir etwas wert ist“. Bei Urlaubsreisen und Autokäufen denke man nur selten an die Kosten. Das sollte bei Essen und Trinken genauso sein. „Die Leute sparen leider genau an der falschen Stelle“, bedauert Markus.

Auch im konventionellen Anbau ändern sich die Hopfenpreise. Die letzten Jahre erzielte die Sorte Perle im freien Markt noch zwölf Euro pro Kilo. „Heuer bekommen wir nur vier Euro fürs Kilo“, sagt Marion. Sie sei in eine glückliche Zeit gefallen. „Aber der Hopfenpreis ist abhängig von den Abgabepreisen des Welthandels, es ist eine ständige Berg- und Talfahrt“, erklärt die Landwirtin.

Der Regenwurm: Freund und Helfer

„Durststrecken entstehen schnell. Man muss ihnen vor allem finanziell standhalten können. Wetterkapriolen wie Hagel, Sturm, oder Hochwasser können eine Ernte vollständig ruinieren“, erinnert sich Marion. „Wir sind zwar versichert, aber wenn alle Äcker von jetzt auf gleich einer Mondlandschaft ähneln, ist das sehr frustrierend“, beschreibt Marion das Erlebte.

Denn ab August bilden sich aus den Blüten die Dolden und der Hopfen ist am schwersten und empfindlichsten. „Wenn dann eine Wetterfront aufzieht, wird dir schnell bewusst, was du für ein Zwerg bist“, bekräftigt Marion. Deshalb sei es wichtig, präventiv zu arbeiten.

„Der Regenwurm ist der beste Freund meines Mannes“, erklärt Marion. „Er tut den Ackerböden gut und sorgt für eine gute Struktur. Deshalb tun wir alles, damit er sich entfalten und vermehren kann. Bei unseren Traktoren achten wir auf entsprechende Reifen, die den Boden nicht verdichten und weniger Druck verursachen“. Im Gegensatz zu Wetterrisiken seien auch Pflanzenkrankheiten herausfordernd, aber leichter zu bewältigen.

Erntezeit: Sieben-Tage-Woche rund um die Uhr

Im September ist der Hopfen erntereif. Das bedeutet vollen Einsatz für die Erntehelfer und die ganze Familie Pichlmeyer. Von morgens fünf Uhr bis spät abends sind alle auf den Beinen. Eine Traktorladung nach der anderen rollt auf den Hof und will bearbeitet werden.

Marion Pichelmeyer auf dem Weg zur nächsten Hopfenladung
Marion Pichelmeyer auf dem Weg zur nächsten Hopfenladung Foto: Daniela Christ

„Das geht fast alles maschinell“, erklärt Marion. Die Hopfendolden werden von der Pflanze getrennt und laufen über Förderbänder hoch bis unters Stadeldach, wo sie letztendlich schubweise in die Hopfendarre gelangen. Eine Doldenladung nach der anderen, „ich zähle sie schon gar nicht mehr“, lacht die Hopfenbäuerin. Sie begrüßt gleich darauf Saisonkraft Aniza, die auf einen Plausch vorbeikommt.

Marion Pichelmeyer mit ihrer langjährigen Saisonkraft Aniza
Marion Pichelmeyer mit ihrer langjährigen Saisonkraft Aniza Foto: Daniela Christ

Nach der Trocknung und Konditionierung, das variiert je nach Sorte, wird der Hopfen vor Ort verpackt. Mit dem Stempel des Siegelbezirks Hallertau versehen geht es zum Veredelungsbetrieb, wo der Hopfen zu Pellets verarbeitet wird.

Verpackter Hopfen zum Weitertransport zur Veredelungsfirma
Verpackter Hopfen zum Weitertransport zur Veredelungsfirma Foto: Daniela Christ

Dieses erntereiche Hopfenjahr endet für die Pichelmeyers wie immer im November mit den Vorbereitungsarbeiten für die nächste Saison. „Dann ist schon alles bereit, wenn’s im nächsten Frühjahr wieder losgeht“, sagt Marion. Aber jetzt freue sie sich erst einmal auf Weihnachten, „die schönste Zeit im Jahr“, schwärmt sie.

Die Zukunft ist gesichert

Um die Zukunft ihrer Familienbetriebe machen sich Marion,ihr Mann Karl und Markus keine Sorgen. Ihre Kinder haben alle die Leidenschaft für den Hopfen geerbt. Marions und Karls Sohn Jakob und Markus Sohn Jorris studieren Landwirtschaft und werden die Höfe ihrer Eltern in einigen Jahren übernehmen.

Karl, Marion, Eva-Maria und Jakob Pichelmeyer
Karl, Marion, Eva-Maria und Jakob Pichelmeyer Foto: Familie Pichelmeyer

Auch Eva Maria Pichelmeyer,die bildhübsche Tochter, ist mit dem Hopfen fest verwurzelt. Sie studiert Agrarmarketing und Management an der Hochschule Weihenstephan in Freising. Die 21Jährige liebt ihre Heimat und das Leben mit dem Hopfen. Sie ist eine der drei Kandidatinnen zur Wahl der Hallertauer Hopfenkönigin 2024/2025.

Für ihre Familie und Freunde ist sie bereits die Hopfenkönigin der Herzen, denn „Eva Maria weiß über den Hopfen manchmal mehr als unsere Proffs“, erzählt eine Studienkollegin. „Ich bin mir sicher, dass Eva-Maria das Amt der Hopfenkönigin mit Herzblut ausfüllen würde“, sagt Marion. Sie ist gespannt auf den Ausgang der Wahl.

Die neue Hopfenkönigin 2024/2025 heißt Eva-Maria Pichelmeyer
Die neue Hopfenkönigin 2024/2025 heißt Eva-Maria Pichelmeyer Foto: Daniela Christ

Zwei Wochen später ist die Freude groß. Eva Maria wird im Rahmen des Wolnzacher Volksfestes zur neuen Hopfenkönigin der Hallertau 2024/25 gekürt.

Dienstfahrzeug der Hopfenkönigin Eva-Maria Pichelmeyer
Dienstfahrzeug der Hopfenkönigin Eva-Maria Pichelmeyer Foto: Daniela Christ

Ausgestattet mit den Insignien der Hallertauer Hopfenkönigin und einem schicken und standesgemäßen Dienstflitzer vertritt Eva Maria nun ein Jahr lang mit Charme, Intelligenz und großer Leidenschaft ihre Heimat und die wichtigste Pflanze der Region.

Weitere Beiträge der Autorin im Magazin:

Ökologischer Hopfenanbau: Wie gelingt der Wandel in Bayern?
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/walter-koenig-im-interview-oekologischer-hopfenanbau/

Von der Marienkäferzucht zum Papst für Hopfenforschung
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/von-der-marienkaeferzucht-zum-papst-fuer-hopfenanbau/

Wie klingt eine Praline namens Emelie?
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/andreas-muschler-komponiert-feinste-handgemachte-pralinen/

Interview zum Thema Upcycling mit Alexandra von Biron
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/interview-zum-thema-upcycling-mit-alexandra-von-biron/

Der Podcast “50 über 50” – Für Frauen in der Lebensmitte
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/50-ueber-50-fuer-frauen-in-der-lebensmitte-ein-podcast/

Wenn Eltern älter werden: Eine schwere Geburt
https://www.journalistenakademie.de/dossiers/in-bewegung/wenn-eltern-aelter-werden-eine-schwere-geburt/

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