Alte(r), siehst Du gut aus


Die Menschen werden immer älter: Der Zeitschriftenmarkt reagiert.
Ein Interview von Margit Pabst-Lesem mit Thomas Osterkorn, Chefredakteur VIVA.


Ein Blick in die Modewelt zeigt: Die Alten sind in. Die New Yorkerin Iris Apfel, It-Girl, Mode Stilikone, gerade mal 93 Jahre jung, macht es vor: Individueller Stil und markante Schönheit kennen kein Alter. Das gilt auch für männliche Best Ager wie den Hollywood Star Jeff Bridges, 65, der momentan hierzulande von Werbeplakaten lächelt. Doch nicht nur für Promis gilt: Selbstbewusst, attraktiv, offen und überaus lebenslustig. So sieht die Ü-50-Generation von heute aus. Vorbei sind die Zeiten, als diese für Treppenlifte und Blasentees stand. Der demographische Wandel sagt eine immer älter werdende Gesellschaft voraus und der Zeitschriftenmarkt rund um deren Lebensgefühle und Erfahrungen hat darauf längst reagiert.
Thomas Osterkorn, Chefredakteur von VIVA!, einem der ersten Best Ager Magazine in Deutschland, über die Hintergründe für sein Magazin.

Welche Zielgruppe sehen Sie für Ihre Zeitschrift VIVA!?

Wir fokussieren uns auf Frauen und Männer zwischen 50 und 65, wissen aus der Marktforschung aber, dass uns auch schon Menschen ab 40 Jahren lesen. Unsere Kernziel-Gruppe sind also die Babyboomer-Jahrgänge zwischen 1955 und 1965 sowie die Best Ager.

Was zeichnet diese Zielgruppe aus?

Diese Menschen sind wirtschaftlich zumeist aus dem Gröbsten raus, überdurchschnittlich gut gebildet und vor allem leseaffin. Sie haben ihren Lebensstil gefunden, sind aber durchaus bereit für Neues. Aber sie sind auch kritisch, kennen vieles und lassen sich nichts vormachen.

Was hat Sie dazu veranlasst, VIVA! auf den Markt zu bringen?

Ich glaube, dass diese Zielgruppe zunehmend andere, nämlich sehr eigene Leseinteressen hat, die von großen General-Interest-Titeln wie unserem Mutterblatt Stern nicht vollkommen abgedeckt werden. Lassen Sie mich aus einer Studie des Gottlieb Duttweiler Institute in der Schweiz über „Die Gesellschaft des langen Lebens“ zitieren: „Wer schon alles hat, orientiert sich nicht mehr am letzten Schrei und den neuesten technischen Spielereien, sondern konzentriert sich mehr auf Dinge, die ihm oder ihr wirklich wichtig sind“.

Wie kam es zu dem Zeitschriftentitel VIVA!?

Gruner+Jahr besitzt seit fast 30 Jahren die Privatrechte an dem Titel VIVA. So hieß Ende der 80er Jahre mal eine innovative Frauenzeitschrift bei uns. Da der Titel für mein Projekt sehr passend war, haben wir ihn genommen.

Welche (Lebens-)Philosophie verbinden Sie mit dem VIVA! Konzept?

Unsere Leser verbindet nicht das Alter, sondern ein Lebensgefühl: Sie freuen sich auf die Jahre, die noch kommen. Denn diese stecken voller Überraschungen und Möglichkeiten. Das Glas ist also noch halbvoll und nicht schon halbleer. Diese Frauen und Männer befinden sich in einer spannenden Lebensphase: Die Kinder sind meist flügge, der Job bald geschafft, eine neue Freiheit ist in Sicht.

Welche Bedürfnisse und Interessen wollen Sie mit VIVA! abdecken?

Wir wollen ein hochwertiges Magazin für die zweite Lebenshälfte sein, ein Planer für die neue Freiheit, ein Pool für Anregungen und Denkanstöße, ein Ratgeber für die Suche nach einem neuen Sinn, ein Magazin für Pläne, Träume, Lebenslust!

Mit welcher Auflage ist VIVA! gestartet?

Unsere Druckauflage liegt bei zirka 120.000, wovon wir knapp die Hälfte verkaufen.

Sind Sie mit dem bisherigen Verkauf zufrieden?

Nein. Da geht noch mehr.

Was unterscheidet das Altern heute von dem früherer Zeiten?

Die Menschen fühlen sich nicht nur zehn bis 15 Jahre jünger, sondern sind es tatsächlich auch. Wer heute mit 60 oder 65 in Rente geht, hat in der Regel noch 20 bis 30 gute Jahre vor sich. „Ruhestand“ ist dafür das völlig falsche Wort. Die Voraussetzungen für Best Ager, etwas Neues zu schaffen, waren noch nie so gut wie heute.

Sind die Alten die Zukunft?

Die Zukunft gehört immer unseren Kindern, aber auch Ältere können noch eine Menge tun, diese zu gestalten.