Südfriedhof – Zeuge des Wandels

Der alte Südfriedhof in der Isar-Vorstadt ist der älteste Friedhof Münchens. Als Spiegel der Geschichte, der Gesellschaft und des Kulturwandels steht die Begräbnisstätte heute unter Denkmalschutz. ein Bericht von Sinje Krieger-Pflaume

Seine Vergangenheit reicht fast 500 Jahre zurück. Herzog Albrecht V. ließ ihn um 1560 errichten. Der Bau diente ursprünglich als ausgelagerter Pestfriedhof vor den Toren der Stadt. Zu dieser Zeit war die Begräbnisstätte die einzige in der Umgebung. Rund  18.000 Gräber wurden hier angelegt.

Mehr als hundert Jahre später, 1674, errichtete Bauherr Georg Zwerger im nördlichen Teil des Friedhofs die Stephanskirche, deren Eingang am Stephansplatz liegt. Namhafte Persönlichkeiten fanden auf dem knapp sieben Hektar großen Gelände ihre letzte Ruhe. So sind Gruften und Grabsteine der Familien Pschorr, Klenze oder Spitzweg zu bestaunen. Die Grabsteine der Anlage wurden 2004 restauriert.

Hier lässt sich Wandeln, Joggen, Reden – mehr als nur ein ausgedienter Friedhof (Foto: Sinje Krieger-Pflaume)

Vom Pestfriedhof zum Park

Der Friedhof dient heute als Park. Die Besucher wandeln auf geschichtsträchtigen Pfaden und fühlen sich wie in eine Zeitreise versetzt. Der Ort strahlt Kontemplation und Frieden aus. Hier findet Ruhe, wer sie sucht.

Im Frühjahr steht der Friedhof in Blütenpracht (Foto: Sinje Krieger-Pflaume)

Die Stätte gleicht einem verwunschenen Märchengarten. Mächtige Kastanien stehen wie Zeugen verblichener Epochen zwischen jahrhundertalten Gräbern. Sie wirken wie Wächter eines Zeitgeschehens. Trotz der Stille ist der Wandel allgegenwärtig. Grabsteine, die sich über Jahrhunderte hinweg mehr und mehr der Erde neigten, deren Inschriften im Zuge der Zeit verblassten. Verrostete Grabumgrenzungen, von Moos bewachsen. Statuen, die unter dem Dickicht des Efeus zu ersticken scheinen.

Zwischen Gestern und Heute

Hier ruhen Menschen, die eine andere Geschichte erlebt und auf ihre Art zum Wandel beigetragen haben. Menschen, deren Nachfahren noch heute leben. Viele der Gräber werden nach wie vor bepflanzt und gepflegt. Manche liegen vergessen am Rand des Weges. Ein Zeugnis von Vergänglichkeit und Bestand.

Wandel bedeutet für mich Veränderung und Entwicklung in allem, was ist und in dem, was wir sind und tun. Ohne Wandel kein Wachstum. Das Leben fordert Entscheidungen und bedeutet oft Loslassen und Erneuerung. Von einem Punkt zum nächsten. Im Fluß sein. Sich ab und zu verwandeln. Zulassen, was neu, was anders ist, was sich verändern will. Dadurch öffnen sich Türen. Diese Haltung ermöglicht mir eine andere Sicht auf das Leben und macht meine Welt größer. Ich halte es mit den Worten Joachim Gaucks 'Es liegt an uns, Veränderungen nicht zu fürchten, sondern sie als Aufgabe anzunehmen.'