Dossier Begegnung

Weihnachten an der Grundschule Martinsried

Margit Baran-Lander, Direktorin der Grundschule Martinsried

Margit Baran-Lander, Direktorin der Grundschule Martinsried
Foto: Jürgen Sauer

Insgesamt 185 Schüler gehen in die Grundschule Martinsried am Münchner Stadtrand. Unter ihnen sind 28 Nationen aus vier Kontinenten vertreten. Die Direktorin Margit Baran-Lander sprach mit Anne Köhler und Isabell Pfeufer über die Advents- und Weihnachtszeit an der Schule. Privat feiert die Direktorin Weihnachten auf traditionelle Weise, im Kreis ihrer Familie.

Ein Interview von Anne Köhler und Isabell Pfeufer

Frau Baran-Lander, das Motto Ihrer Schule lautet ‚Miteinander leben lernen‘. Was bedeutet das für die Weihnachtszeit?
Wir sehen Heterogenität nicht als etwas Trennendes an, sondern als Chance. Wir wollen die Gemeinschaft als Kraft pflegen. Bezogen auf Weihnachten spielt die Weltengemeinschaft und vor allem die Friedensgemeinschaft eine große Rolle für die Arbeit an unserer Schule.

In der Adventszeit schenken sich die Schüler der Grundschule Martinsried ein freundliches Wort.

In der Adventszeit schenken sich die Schüler der Grundschule Martinsried ein freundliches Wort.
Foto: Anne Köhler

Haben Sie gemeinsame Rituale eingeführt?
Ein Brauch bei uns heißt ‚Ich schenke dir ein freundliches Wort‘. Jedes Kind bekommt einen großen Stern aus Papier, auf dem oben sein eigener Name steht. Darunter schreiben alle Schüler einer Klasse ein freundliches Wort oder einen freundlichen Satz für das Kind auf, dem der Stern gehört. Auf dem ausgefüllten Stern stehen dann Sätze wie zum Beispiel ‚Du bist ein guter Freund‘ oder ‚Ich finde toll, dass du ein guter Rechner bist‘. In der Adventszeit hängen wir die Sterne im Klassenzimmer auf.

Feiern Sie an der Schule ein traditionelles Weihnachtsfest?
Wir planen gerade ein interkulturelles und interreligiöses Weihnachtsfest. Fast 20 Jahre lang haben wir unser Weihnachtsfest ausschließlich in der Schule gefeiert. Die Schüler bereiten jedes Jahr eine kleine Aufführung vor. Letztes Jahr haben wir uns dazu entschieden, in der Friedenskirche in Gräfelfing zu feiern. Auch dieses Jahr feiern wir dort.

Warum in einer Kirche? Wie kam es zu dieser Entscheidung?
In der Auseinandersetzung mit den Flüchtlingskindern haben wir festgestellt, dass die Vorbehalte vor unserer Religion besser abgebaut werden können, wenn die Kinder auch einmal in ein Gotteshaus gehen. Deshalb haben wir uns entschieden, das Weihnachtsfest in einer Kirche zu feiern, aber keinen Gottesdienst abzuhalten. Die Teilnahme ist freiwillig. Keiner soll verpflichtet werden.

Lagerfeuer aus Pappe gebastelt

Die Schüler haben die Dekoration für das Weihnachtsfest selbst gebastelt.
Foto: Anne Köhler

Wie läuft ein interkulturelles und interreligiöses Weihnachtsfest ab?
Wir wandern gemeinsam zur Kirche. Damit wollen wir die Geschichte von Maria und Josef bewusst machen, die sich auf den Weg nach Bethlehem gemacht haben. Auch wir finden Unterschlupf, nämlich in der Kirche. Dort werden alle Kinder gemeinsam ihren Familien ein Musical aufführen.

Was für ein Musical?
Das Musical behandelt die Weihnachtsgeschichte. Es geht darum, den christlichen Gedanken zu kommunizieren, auf einer künstlerischen, kulturellen Ebene bewusst zu machen.

Kommen alle Eltern zum Weihnachtsfest?
Als wir letztes Jahr unser Weihnachtsfest in der Kirche gefeiert haben, gab es große Bedenken von Seiten der muslimischen Eltern. Sie haben ihren Kindern ursprünglich nicht erlaubt, am Fest teilzunehmen, da sie unser Gotteshaus nicht betreten wollten.

Ursprünglich?
Die Kinder waren so involviert in die Vorbereitung, dass sie ihre Eltern überzeugen konnten, zur Weihnachtsfeier zu kommen. Sie wollten ihren Eltern vorführen, wie gut sie bereits Deutsch sprechen können und welche Lieder sie singen können. Ohne dass wir es wussten, standen dann plötzlich alle Kinder mit ihren Eltern in der Kirche.

An was erinnern Sie sich besonders gern, wenn Sie an das letzte Weihnachtsfest denken?
Am schönsten war es, als die neuen Kinder, die noch kaum Deutsch konnten, voller Begeisterung unsere Weihnachtslieder mitsangen. Wenn sich ein Text wiederholt, dann lernen die Kinder die Worte natürlich recht schnell. Sie nehmen also schnell an unserer Kultur teil und sind ein Bestandteil des Ganzen, weil sie mitsingen.